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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 14.05.2003
Aktenzeichen: 7 U 127/02
Rechtsgebiete: VVG
Vorschriften:
VVG § 3 | |
VVG § 43 Nr. 4 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 14.05.2003
In dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.3.2003
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 27.6.2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Die Klägerin hat die Verurteilung der Beklagten zur Erbringung von Leistungen aus einem Rentenversicherungsvertrag verfolgt, die Beklagte widerklagend den Ausspruch der Feststellung, dass zwischen den Parteien kein Rentenversicherungsvertrag begründet worden sei und der Klägerin daher kein Leistungsanspruch hieraus gegen die Beklagte zustehe. Das Landgericht hat der Klage in dem angefochtenen Urteil stattgegeben, die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwischen den Parteien ein Versicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn spätestens zum 1.9.2001 zustande gekommen sei, der Beklagten ein Anfechtungsrecht wegen einer irrtümlichen Berechnung der Prämie nicht zustehe.
Gegen dieses, ihr am 16.7.2002 zugestellte Urteil, richtet sich die am 9.8.2002 eingelegte Berufung, die die Beklagte am 16.9.2002 begründet hat. Die Beklagte vertritt die Auffassung, den Antrag der Klägerin auf Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages nicht angenommen zu haben. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin aufgrund des zustande gekommenen Rentenversicherungsvertrages der mit ihrem Zahlungsantrag verfolgte Anspruch gegen die Beklagte zusteht, die mit der Widerklage von der Beklagten begehrte Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Rentenversicherungsvertrag nicht begründet worden sei, unbegründet ist. Der Senat folgt der Auffassung des Landgerichts, dass der von der Klägerin am 18.7.2001 gestellte Antrag auf Abschluss einer Rentenversicherung von der Beklagten angenommen worden ist. Die mit Schreiben vom 31.5.2001 von der Beklagten der Klägerin unterbreiteten Vorschläge zur Begründung eines Rentenversicherungsvertrages gegen Einmalbetrag stellten kein annahmefähiges Angebot dar, da die Parteien davon ausgingen, dass aufgrund des Vorschlages ein Antrag auf Rentenversicherung noch zu stellen war. Erst der am 18.7.2001 gestellte Antrag, der auf den Vorschlägen beruhte, konnte danach von der Beklagten angenommen werden. Die Beklagte hat das danach vorliegende Angebot der Klägerin vom 18.7.2001 auch angenommen. Der Senat folgt der Ansicht, dass die Annahme eines solchen Antrages auch konkludent erfolgen kann (vgl. BGH NJW 1951, 313; BGH NJW 1976, 290). Entgegen der Ansicht der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin unaufgefordert die Einmalprämie gezahlt hatte, worin ersichtlich eine Annahme eines Angebotes durch die Beklagte nicht zu sehen gewesen wäre (vgl. BGH VersR 1975, 1090; OLG Köln Recht und Schaden 1990, 325). Dass die Klägerin in ihrem Antrag auf Rentenversicherung der Beklagten eine Einzugsermächtigung erteilt hatte, schloss andere taugliche Annahmeerklärungen nicht aus. Aufgrund des unstreitigen Sachverhalts ist davon auszugehen, dass der Zeuge H., ein Bezirksleiter der Beklagten, die Klägerin am 6.8.2001 aufgefordert hatte, den Einmalbetrag sofort zu zahlen. Diese Behauptung der Klägerin hat die Beklagte nicht bestritten, so dass sie unstreitig ist. Vielmehr hat die Beklagte lediglich in Abrede gestellt, dass H. der Klägerin bei dieser Gelegenheit in Aussicht gestellt habe, dass ab dem 1.9.2001 eine Rentenzahlung erfolgen werde. Ob H. dies zusätzlich zugesichert hatte oder nicht, ist für das Vorliegen einer konkludenten, der Beklagten zuzurechnenden Annahmeerklärung ohne Bedeutung. Aufgrund der unstreitigen Aufforderung der Klägerin durch den Zeugen H., die Einmalprämie zu überweisen, konnte die Klägerin im Rahmen der Anbahnung des Versicherungsvertrages davon ausgehen, dass die Beklagte bereits positiv über die Annahme ihres Versicherungsantrages entschieden habe. Da H. als Versicherungsagent in hervorgehobener Stellung innerhalb der Vertriebsstruktur der Beklagten eine solche Erklärung abgegeben hatte, durfte die Klägerin darauf vertrauen, dass ihr Versicherungsantrag angenommen sei. Eine Einschränkung der Vollmacht H.s ergab sich nicht aus § 43 Nr. 4 VVG, da H. nicht selbst die Prämie einziehen wollte, sich auch nicht im Besitz einer vom Versicherer unterzeichneten Prämienrechnung befand. Die Klägerin durfte vielmehr angesichts der Höhe des geforderten Einmalbetrages durch H. davon ausgehen, dass H. eine solche Aufforderung ihr gegenüber nur dann abgeben werde, wenn zuvor bei der Beklagten bereits positiv über die Annahme entschieden worden ist.
Durchgreifende Bedenken gegen das Zustandekommen eines Versicherungsvertrages auf dem oben dargestellten Weg lassen sich auch nicht daraus herleiten, dass nach dem unstreitigen Sachverhalt der Versicherungsschein zum Zeitpunkt der Aufforderung H.s noch nicht übersandt worden war. Wie sich § 3 VVG entnehmen lässt, kann ein Versicherungsvertrag auch dann zustande kommen, wenn der Versicherer keinen Versicherungsschein ausstellt. Der Versicherungsschein ist eine lediglich deklaratorische Urkunde, die nur den bereits zustande gekommenen Versicherungsvertrag dokumentiert (vgl. Prölss/Martin "Versicherungsvertragsgesetz", 26. Aufl., § 3 Rdn. 45). Das hat auch die Beklagte so gesehen, da sie selbst hat vortragen lassen, dass bei der beantragten, sofort beginnenden Rentenversicherung der Versicherungsschein nach ihrer Übung tatsächlich erst ausgefertigt werde, wenn der hierfür zu leistende Einmalbetrag auch bei der Beklagten eingegangen sei. Unerheblich ist es deshalb auch, wann die mit der späteren Versicherungsnummer identische interne Bearbeitungskennziffer von der Beklagten erteilt worden ist. Bedenken gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrages lassen sich auch nicht daraus herleiten, dass nach der Verkehrsübung in der Regel die Annahmeerklärung des Versicherers schon aus Beweisgründen schriftlich erfolgt (vgl. auch BGH NJW 1976, 289, 290). Das stellt nur eine Regel dar, die vor allem dann Ausnahmen kennt, wenn eine Dringlichkeit der Annahmeerklärung daraus hergeleitet werden kann, wenn der zugesagte Leistungsbeginn unmittelbar bevorsteht.
Schließlich lassen sich durchgreifende Zweifel an dem Zustandekommen eines Versicherungsvertrages nicht aus § 2 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Rentenversicherung mit sofort beginnender Rentenzahlung der Beklagten entnehmen. Nach dieser Bestimmung sollte der Versicherungsschutz beginnen, wenn der Einmalbetrag gezahlt und die Beklagte die Annahme des Antrages der Versicherungsnehmerin schriftlich oder durch Aushändigung des Versicherungsscheines erklärt hatte. Vor dem im Versicherungsschein angegebenen Beginn der Versicherung sollte noch kein Versicherungsschutz bestehen. Der Senat geht davon aus, dass diese Allgemeinen Bedingungen für die Rentenversicherung mit sofort beginnender Rentenzahlung zum Zeitpunkt der oben dargestellten, der Beklagten zuzurechnenden konkludenten Annahmeerklärung nicht dem Rechtsverhältnis der Parteien zugrunde lagen. Das ergibt sich daraus, dass die erwähnten Allgemeinen Versicherungsbedingungen dem Antrag auf die Rentenversicherung nicht beigefügt waren, die Antragstellerin vielmehr in dem Vorschlag vom 31.5.2001 von der Beklagten darüber unterrichtet worden war, dass die Versicherungsbedingungen zusammen mit dem Versicherungsschein, lediglich auf Wunsch auch früher, übermittelt werden sollten. Da danach die Verbraucherinformation und vor allem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen erst mit der Police übersandt werden sollten, lag ein vereinbartes Police-Modell vor. Dieses begründete lediglich ein Widerspruchsrecht der Klägerin, sobald die Verbraucherinformation übermittelt worden war, der Versicherungsvertrag hätte dann auf der Grundlage des Versicherungsscheins der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und der für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen gegolten, wenn die Klägerin von ihrem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch macht (vgl. Römer/Langheid/Römer "VVG", § 5 a Rdn. 25 und 35). Da die Versicherungsbedingungen der Klägerin bei Antragstellung jedoch nicht ausgehändigt worden waren, war die erwähnte Klausel nicht Vertragsinhalt geworden, so dass mit dieser Begründung die Möglichkeit einer konkludenten Annahme des Versicherungsantrages durch die Beklagte nicht verneint werden kann (vgl. auch BGH VersR 1991, 910). Überdies hat die Klägerin dem Versicherungsvertrag nicht widersprochen, zumal die Frist für das ohnehin nur der Klägerin zustehende Widerrufsrecht mangels Aushändigung der Versicherungsbedingungen nicht zu laufen begonnen hat.
Da die Beklagte mit ihrer Berufung die Ausführungen des Landgerichts zur unbegründeten Anfechtung des Versicherungsvertrages nicht angegriffen hat, ergibt sich auch hieraus kein Grund dafür, von einem fehlenden Zustandekommen des Versicherungsvertrages auszugehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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